In Vorbereitung auf den Demokratietag im Frühjahr 2020 im Rahmen des Berliner und Brandenburger Landesbündnisses „Bildung für eine demokratische Gesellschaft“ haben wir am 02.11.2019 ein Workshop mit Jugendlichen zwischen 12 und 25 geplant. Der Demokratietag selbst beinhaltet drei Ebenen: die ganzjährige Arbeit an Themenschwerpunkten, eine dezentrale Demokratiewoche und eine zentrale Veranstaltung, geplant und umgesetzt durch das Bündnis. Ziel war es, Jugendliche zu fragen, wie sie sich einen Demokratietag vorstellen.

Ablauf

10:00 – 10:30 h Begrüßung und Kennenlernen 10:15 – 10:30 h  Gemeinsamer Einstieg zu Demokratie und Teilhabe 10:30 – 10:45 h Worum geht‘s? Über das Bündnis 10:45 – 11.15 h Reflexion über die eigene Lebenswelt & den Demokratiebegriff 11:45 – 12:30 h Phase I: Kritikphase Demokratietag 13:15 – 13:40 h Phase II: Phantasiephase 13:40 – 14:45 h Phase II: Verwirklichungsphase 15:00 – 15:30 h Auswertung, Feedback & Ausblick

Gemeinsamer Einstieg zu Demokratie und Teilhabe

Bei einem gemeinsamen Einstieg konnten sich alle Teilnehmenden verorten: Wo findet Demokratie und Teilhabe im Alltag statt, welche Beteiligungsformate werden genutzt? Dazu stellten sich die Jugendlichen im Raum in einer „lebenden Statistik“ zu verschiedenen Aspekten auf, die Mitbestimmung in der Alltagswelt verdeutlichten: Warst du schon auf einer Demo? Durftest du schon mal etwas mitentscheiden in der Schule, im Unterricht? zu Hause?

Bei der Reflexion über die eigene Lebenswelt ging es darum, die eigenen Werte anhand von Bildkarten zu reflektieren und zu überlegen, was besonders wichtig ist an demokratischem Zusammenleben. Betont wurden aktive Teilhabemöglichkeiten in einer Demokratie. Es zeigt sich deutlich, dass die Politisierung durch die aktuelle Klimabewegung eine große Chance ist, demokratisches Handeln voneinander zu er/lernen – für Erwachsene wie für Jugendliche. Viele Jugendliche hoben entsprechend den Aspekt der freien Meinungsäußerung hervor. Weitere zentrale Werte einer Demokratie, wie Verhinderung von Ausgrenzung, Gleichbehandlung, Vielfalt, Interessenvertretung, Zivilcourage und Beteiligung wurden genannt und diskutiert. Die Teilnehmenden zeigten dabei ein außerordentlich wertebasiertes Demokratieverständnis, indem sie z.B. die zentrale Rolle einer diskriminierungsfreien Umgebung für demokratisches Zusammenleben immer wieder hervorhoben.

Für den Demokratietag erscheint eine Anknüpfung an die offensichtlich wachsende Politisierung junger Menschen sinnvoll: Ein Aufbauen auf eigenen, bereits gemachten Erfahrungen mit Demokratie – und auch ihren Grenzen könnten ein Ausgangspunkt sein (z.B. Lehrer*innen, die eine Teilnahme an Protesten nicht erlauben).

In diese aus zwei Übungen bestehende Reflexion der eigenen Werte fügte sich die Vorstellung des Bündnisses sehr gut ein: Rebekka Bendig sammelte Eindrücke zur Frage: „Warum brauchen wir ein solches Bündnis für demokratische Bildung?“ Die Ergebnisse waren bemerkenswert, die grundsätzlichen positiven und demokratiefördernden Eigenschaften des Bündnisses wurden genannt und erkannt: z.B. die Verstärkung von Ideen, gemeinsames Handeln, Format der Plattform oder als Möglichkeit, eine breite Öffentlichkeit herzustellen.

Auf Basis dieser eigenen Vorstellungen und Werte und der Vorstellung des Bündnisses startete die Gruppe in die Zukunftswerkstatt.

Zukunftswerkstatt: Kleingruppen und Gallery Walk

Die gewählte Methode der Zukunftswerkstatt war sehr animierend: Die jungen Expertinnen bekamen die Möglichkeit, zunächst zu beschreiben, welche Kritikpunkte sie haben und dann in einer Phantasie- und Verwirklichungsphase Visionen und Möglichkeiten der Umsetzung dieser Ideen im Hinblick auf einen Demokratietag zu entwickeln.

In der Kritikphase durften die Jugendlichen benennen, was sie alles an der Demokratie stört oder ärgert. Im Zentrum der Antworten standen der Klimawandel und der unnachsichtige Umgang mit der Natur ebenso wie Mechanismen der Ausgrenzung und Diskriminierung, Sexismus und Rassismus, Fake News, aber auch konkrete Erfahrungen aus der täglichen Lebenswelt, wie zu wenig Lehrer, Schulstress – und die Respektlosigkeit Erwachsener, vor allem in Bezug auf das „Ernstgenommenwerden“ und die Partizipation an politischen Entscheidungen.

Ein wichtiger Ansatzpunkt mit Blick auf demokratiepädagogische Projekte ist dabei auch, dass außerschulisches Engagement oft durch die Schule zu wenig unterstützt oder gar behindert wird. Neben den klassischen großen Problemlagen unserer Zeit wurde hier eine konkrete Bremse von Partizipation und zivilgesellschaftlichem Engagement benannt. An dieser Stelle Räume zu schaffen, die Engagement ermöglichen und wertschätzen, scheint folglich eine wichtige Aufgabe des Bündnisses.

In der darauffolgenden Phantasiephase durften die Teilnehmenden ihren utopischen Ideen für einen Demokratietag freien Lauf lassen und eine Vision entwickeln. Als idealer Veranstaltungsort wurde mehrfach der Bundestag genannt: Die Jugendlichen möchten direkt an die Orte gehen, an denen politisch entschieden wird. Gleichzeitig wurden die Orte, an denen sich (junge) Menschen treffen und gerne aufhalten genannt. Die Jugendlichen wünschen sich kreative Formate, wie Videos und Filme, die live gedreht werden können. Spannende Fragen für den Demokratietag waren unter anderem: Wie beeinflusst Demokratie unseren Alltag? Wie läuft Demokratie in anderen Ländern? Was sind die Errungenschaften der Demokratie? Sind wir mit ihr zufrieden? Wen brauchen wir an der Macht? Ist die Demokratie gefährdet? Ist sie die einzige Alternative? Was tun wir gegen den Rechtsruck?

In einem dritten Schritt, der Verwirklichungsphase, wurden die Jugendlichen kreativ und „bastelten“ ihre Idee. Entstanden sind Plakate eines idealen Demokratietags. Deutlich wurde: Um die jungen Menschen abzuholen, sollte ein Demokratietag Räume bereitstellen, in denen sie sich wohl fühlen – also weg von einer eher klassischen „Veranstaltungsumgebung“ hin zu bunten, lounge-artigen, mit Musik untermalten, Räumen.

Die Anstrengungen des Bündnisses fallen auf einen sehr fruchtbaren Boden, wenn wir die Jugendlichen jetzt gut mitnehmen, einbinden und von ihnen lernen! Eine Fortführung ist wünschenswert, denn alle Teilnehmenden waren sehr motiviert und es wäre viel Raum gewesen, weiter über konkrete Umsetzungen nachzudenken.

Vielen Dank an die Jugendlichen für die Teilnahme und eure inspirierenden Einblicke!

 

Für weitere Informationen: Sarah Schwahn sarah.schwahn@degede.de Bündnis Bildung für eine demokratische Gesellschaft DeGeDe Geschäftsstelle Berlin Müllerstr. 156a / Aufgang 4, 13353 Berlin Tel. 030 28045134 / Fax 030 61203772